Kinder im Alter von elf bis 13 Jahren sitzen oder liegen auf dem Boden und arbeiten konzentriert mit ihrem Notebook. Der Lehrer sitzt mit weiteren Kindern im Raum nebenan. Hier erstellt eine Gruppe von Mädchen in einer Sofaecke ein Hörspiel. Das Fach heißt „Music-Media“ und die Kinder arbeiten sich selbstständig mit Unterstützung des Lehrers in das Programm „Garage Band“ ein.
Dies waren die ersten Eindrücke von Michaela Koch (42), Lothar Rees (49) und Elke Harmel (33) bei ihrer Führung durch die Johannes-Petri-Skola in Stockholm. Die beiden Lehrerinnen und der Vater eines Schülers der IGS Zell waren am vergangenen Freitag (25. September) nach Schweden geflogen um erste Kontakte für eine Schulpartnerschaft zwischen der Zeller und der Stockholmer Schule zu knüpfen.
Carina Johansson, Lehrerin für Holztechnik und Kunst, führte durch die Räume ihrer Schule und die Zeller staunten nicht schlecht, als sie an verschiedenen Orten unbeaufsichtigte Schülerinnen und Schüler sahen, die selbstständig lernten. Alle Kinder hatten drei Wochen zuvor von der Schule Notebooks erhalten und waren gerade dabei, sich in den Umgang mit der neuen Technik einzuarbeiten.
Die IGS Zell plant eine Schulpartnerschaft mit der Stockholmer Schule, bei der die Schüler in Projekten zusammen arbeiten, die Lehrer pädagogische Erfahrungen austauschen und auch die Eltern miteinander in Kontakt kommen. Zunächst wird dies über die internationale Internet-Plattform E-Twinnig geschehen. Diese bietet die Möglichkeit zur Zusammenarbeit der Schüler per Internet in einem datenrechtlich geschützten Raum: Die Schüler arbeiten gemeinsam in einem virtuellen Klassenzimmer, tauschen sich aus über E-Mails, Blogs, Chats und Präsentationen.
Die Johannes-Petri-Skola ist für die IGS Zell ein besonders interessanter Partner: Sie ist wie die IGS eine junge Schule und wurde erst 2007 mit 70 Schülern gegründet. Zur Zeit gibt es 300 Schüler und ein Kollegium mit 25 Lehrern. Im Endstadium wird sie 600 Schüler haben. Die pädagogische Ausrichtung beider Schulen passt gut zusammen, auch wenn es viele Unterschiede im Detail gibt.
Die Johannes-Petri-Skola ist als Lebensraum gestaltet. In den Fluren stehen Ikea-Regale und bequeme Sitzecken. Alle Kinder tragen Socken und die Lehrer Hausschuhe, denn die Straßenschuhe werden am Eingang abgelegt. Es gibt nicht nur Toiletten, sondern auch Duschen stehen den Kindern zur Verfügung. Bis zum Alter von 10 Jahren sitzen die Kinder oft auf Teppichen in der Mitte des Klassenraumes. Von Anfang an lernen sie, Verantwortung für ihr Lernen zu übernehmen. „Self controllled learning“ ist das Stichwort: Schon im Alter von sieben Jahren reflektieren sie jede Woche, was sie – in vielen kleinen Schritten – gelernt haben.
Die Kinder dürfen oftmals die Klassenräume verlassen und alleine arbeiten, wenn dies für den Lernerfolg ein Vorteil ist und wenn sie sich ruhig verhalten. Auf die Frage, warum es so wenig Probleme mit der Disziplin gebe, gab Carina Johansson die Antwort: „Die Kinder lernen, Respekt vor uns und voreinander zu haben. Auch wir respektieren sie.“ Wie in Zell üben die Kinder gezielt den guten Umgang miteinander. Es wurde deutlich: Beide Schulen können sich gegenseitig bereichern, auch wenn natürlich nichts einfach übertragen oder kopiert werden kann. Die Schulkonzepte beider Schulen atmen den gleichen Geist und die Zeller konnten sehen, welchen Erfolg die konsequente Durchführung der neuen pädagogischen Wege haben kann, da die schwedischen Kollegen den Weg schon seit längerer Zeit gehen.
Wie kam es zum Kontakt?
Lothar Rees, der Vater eines IGS-Schülers und Geschäftsführer von Hutamaki Deutschland, stellte den Kontakt zwischen den Schulen über einen Arbeitskollegen her, dessen Kind zur Johannes-Petri-Skola geht. Es war der Wunsch der Elternvertreter, durch die Einrichtung von Schulpartnerschaften die Schulgemeinschaft zu stärken und eine Möglichkeit für internationale Freundschaften ihrer Kinder zu schaffen.
Gemeinsame Vorhaben
Die Begegnung mit den schwedischen Kollegen war sehr intensiv und als die Zeller wieder in das Flugzeug stiegen, hatten sie viele konkrete Pläne für die Zukunft im Gepäck:
In den nächsten Wochen werden einige schwedische Lehrerinnen und Lehrer einen Gegenbesuch in Zell machen. Für das nächste Schulhalbjahr ist ein Austausch der Kinder zu konkreten Projektthemen über die Internet-Plattform „E-Twinning“ geplant.
Im nächsten Schuljahr wird wahrscheinlich zusammen mit zwei weiteren Schulen in Finnland und Frankreich ein gemeinsames Comenius-Projekt mit Auslandsaufenthalten der Schüler gestartet. Comenius ist ein Aktionsprogramm der europäischen Gemeinschaft zur Förderung von Schulpartnerschaften. Die teilnehmenden Schulen werden von den europäischen Bildungsministerien beraten und finanziell unterstützt.
Beim gemeinsamen Abendessen waren die schwedischen Gastgeber ebenso wie die deutschen Gäste fest davon überzeugt: „We will find a good way!“
Michaela Koch